Milliardär und Philanthrop Bill Gates sorgte wieder einmal für Aufmerksamkeit. Bereits in zehn Jahren würden vielleicht kaum noch Ärzte oder Lehrer gebraucht, weil die Künstliche Intelligenz, KI, in diesen Bereichen das Meiste viel besser machen könnte. Sie werden nicht ganz verschwinden, aber ihre Anzahl wird nur noch ein Bruchteil von heute sein.

Man kann diese Liste betroffener Berufsgruppen sicher noch erweitern, auf Anwälte etwa, oder auf Notare. Eigentlich kann niemand wirklich aus dieser Liste ausgeschlossen werden. Dabei ist es unwesentlich, ob es zehn, fünfzehn oder gar zwanzig Jahre dauert, das kann je nach Berufsgruppe durchaus unterschiedlich sein. In vielen Bereichen wird man nur aus Sicherheitserwägungen, denn wir wissen ja KI macht (noch) Fehler, einen gewissen Personalbestand vorhalten. In England hatten die Gewerkschaften durchgesetzt, dass noch lange Heizer, also die, die auf Dampfloks die Kohle in den Kessel schaufelten, mit an Bord der neuen Dieselloks mitfahren mussten. Doch das sind alles nur Verzögerungen.
Die Frage, die sich zwangsläufig stellt, was machen wir mit unserer Leistungskraft und wie sichern wir uns unsere Einkommen in der gar nicht mehr fernen Zukunft, wenn unsere Leistung nicht mehr nachgefragt ist. Es gibt inzwischen eine immer größere Gruppe, zu der auch Bill Gates gehört, die glaubt, dass die Lösung nur in einem „bedingungslosen Grundeinkommen“ liegen könne, finanziert über eine „KI Steuer“, die die durch sie generierte Effizienzsteigerung abschöpft. Was auf den ersten Blick durchaus logisch erscheint, wirft aber schnell fragen auf. Etwa, wie der grundversorgte Mensch seine Leistungskraft auch für ihn sinnvoll einsetzen kann. Andernfalls entsteht schnell Unzufriedenheit und damit der Nährboden für Unruhen.
Der Mensch könnte dann endlich seinen Hobbies nachgehen und Dingen, für die er bei der heute nötigen „Maloche“ keine Zeit hat, freuen sich die Verfechter der Theorie. Das ist im besten Fall blauäugig. Das trifft nur für einen begrenzten Teil der Gesellschaft zu, die anderen wollen oder müssen beschäftigt werden. Ein befreundeter internationaler Investor sah einen Lösungsansatz im E-Sport, also im Online Wettkampf, wo Menschen tage- und nächtelang vor den Bildschirmen beschäftigt werden können, um am Ende kleine Preise einzusacken. Ich halte auch diesen Ansatz für problematisch. Die Gründe sind wohl für jeden ersichtlich.
Ich denke, die Lösung wird in unterschiedlichen Bausteinen bestehen. Das alte Handwerk, weitgehend ohne computerisierte Hilfsmittel mit dem Charme der Imperfektion, wird wieder an Bedeutung gewinnen. Natürlich wird das eine Nische sein, in der nur eine begrenzte Anzahl an Beschäftigten ein Auskommen findet. Dafür werden sich neue Berufsfelder erschließen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können und die uns aus heutiger Sicht eher kurios vorkämen. Die Entwicklung dahin hat längst begonnen: Die Anzahl an „Coaches“, also Trainer für jede Lebenslage, ist bereits in den letzten Jahren regelrecht explodiert und einen von ihnen in Anspruch zu nehmen gehört inzwischen zum guten Ton, auch wenn viele noch denken, dass sei doch gar nicht nötig. Haben sie schon einmal von einem Baum-Coach gehört? Er geht mit seinen Kunden in den Wald, erklärt ihnen die Bäume, das Ökosystem Wald, und bringt sie so wieder der Natur nahe. Höhepunkt ist eine Übernachtung in einem Zelt auf einem Baum. Er ist damit wohl recht erfolgreich.
Die Kreativität des Menschen scheint unerschöpflich. Das haben wir noch immer der KI voraus. Die tut immer noch nur das, was wir ihr sagen, aber ungemein schnell und präzise. Zumindest ist das im Moment noch so. Von daher ist mir um die Zukunft nicht bang. Nur der Weg dahin ist steinig, mit Umbrüchen und Unruhen gepflastert. Darauf müssen wir uns vorbereiten, und da sieht es aktuell noch mau aus.