Die App kündigt die Auslieferung für innerhalb der nächsten 30 Minuten an – und tatsächlich das Fahrzeug des Paketdienstes trifft innerhalb des Fensters ein. Der Fahrer liefert ein Paket beim Nachbar ab, während ich am Fenster stehe. Er ist irritiert, dass ich in anlächele, steigt in seinen Wagen und fährt 50 Meter vor.

Dort versucht er ein Paket zuzustellen. Niemand zu Hause? Er jetzt offen irritiert, dieses Mal von meinem Winken. Er nimmt ein anderes Paket, liefert es bei einem andern Nachbarn aus, steigt ein und fährt weg. In der App erhalte ich eine Nachricht, der Fahrer habe mich nicht angetroffen, meine Sendung müsse ich jetzt im nächsten Paket-Shop abholen…
Es gab eine Zeit, noch nicht so lange vorbei, da hätte ich in einem solchen Fall in einem Call-Center angerufen und der Fahrer wäre zurückbeordert worden und 30 Minuten später hätte ich die Sendung mit einer Entschuldigung doch noch zugestellt bekommen. Das sieht der moderne digitale Workflow nicht mehr vor. Die Beschwerdemöglichkeit ist in der App schwer zu finden, nur online und mit Eingangsbestätigung („Ob der großen Anzahl, kann die Bearbeitung etwas länger dauern.“).
Gottseidank, ist die Bestellung ist nicht groß und nicht schwer und der Paket-Shop immerhin nicht allzu weit entfernt, also hole ich das Paket am nächsten Tag ab. Ich bekomme umgehend eine weitere Servicenachricht in der App: Die Lieferung sei jetzt ja zugestellt und damit habe sich mein Problem erledigt. Den Kern der Beschwerde interessiert niemanden, das würde ja nur den Workflow stören und natürlich auch keine Entschuldigung für den Ärger und erheblichen Mehraufwand auf meiner Seite.
Allein für die letzte Woche könnte ich noch weitere sehr ähnliche Szenen wiedergeben. Es ist also kein singulärer Vorfall, sondern eine strukturelle digitale „Verwahrlosung“.
