Deutschland und Polens Wege durch die wirtschaftliche Krise
Während Deutschland weiter mit Stagnation und strukturellen Herausforderungen kämpft, setzt Polen auf Konsum und EU-Investitionen als Wachstumsimpulse. Beide Länder stehen vor schwierigen Jahren, doch ihre wirtschaftlichen Perspektiven könnten unterschiedlicher kaum sein.
Konsum und EU-Gelder als Motoren
Polens Wirtschaft bleibt 2024 ein Wachstumsführer in der EU. Laut der Europäischen Kommission wächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dreimal schneller als der EU Durchschnitt – angetrieben durch steigende Gehälter, niedrige Arbeitslosigkeit und Sozialleistungen, die den Konsum befeuern. Für 2025 wird ein Wachstum von 3,6 Prozent prognostiziert.
Eine entscheidende Rolle spielen neue EU-Milliarden. Bis Ende 2024 fließen 9,4 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds in strategische Projekte, darunter das Gesundheitswesen, die Energieinfrastruktur und Offshore-Windparks. Auch die Bauwirtschaft könnte von den Geldern profitieren, etwa durch Autobahnprojekte oder den Wohnungsbau, der sich bereits leicht erholt zeigt.
Doch es gibt auch Schattenseiten: Hohe Zinsen von 5,75 Prozent und eine schwache Exportnachfrage belasten die Industrie. Unternehmen zögern bei Investitionen, vor allem im verarbeitenden Gewerbe, das im ersten Halbjahr 2024 einen Rückgang von 6,4 Prozent verzeichnete.
Stagnation und Reformbedarf
Im Gegensatz zu Polen hat Deutschland nach zwei Krisenjahren weiterhin mit wirtschaftlicher Stagnation zu kämpfen. Für 2024 wird kein Wachstum erwartet, und auch 2025 dürfte das BIP um 0,2 Prozent schrumpfen. Gründe dafür sind strukturelle Schwächen in zentralen Branchen wie Automobil- und Maschinenbau sowie Chemie.
Zudem gerät der Außenhandel unter Druck. Der wichtige Absatzmarkt China schwächelt, während Italien und Frankreich mit Sparmaßnahmen kämpfen. Zusätzlich erschweren drohende US-Zölle unter Präsident Donald Trump die Exportbedingungen. Einziger Hoffnungsträger ist der private Konsum, der durch sinkende Inflation – erwartet wird ein Rückgang auf rund 2 Prozent – und steigende Realeinkommen gestärkt werden könnte. Allerdings bleibt der Arbeitsmarkt eine Unbekannte, da vermehrt Stellenabbau in Schlüsselindustrien angekündigt wird.
Enge Verflechtungen: Deutsche Exporte profitieren von Polens Dynamik
Die wirtschaftliche Verbindung zwischen Deutschland und Polen zeigt, wie beide Länder voneinander profitieren können. Während die deutschen Exporte nach Polen zwischen Januar und September 2024 um 3,5 Prozent stiegen, gingen die Exporte nach China um 4,8 Prozent zurück. Polen hat damit erstmals China als größten Exportmarkt Deutschlands überholt.
Besonders der polnische Kfz-Markt befeuert den deutschen Export. Steigende Neuzulassungen halten die Nachfrage nach Fahrzeugen hoch, was deutschen Herstellern zugutekommt. Diese Dynamik steht in starkem Kontrast zur schleppenden Konjunktur in anderen Regionen.
Risiken und Chancen in beiden Ländern
Beide Länder setzen auf ambitionierte Großprojekte, die jedoch mit Unsicherheiten behaftet sind. Polen plant den Bau seines ersten Atomkraftwerks westlich von Gdańsk sowie den Großflughafen CPK. Während für das Atomkraftwerk 14 von 34 Milliarden Euro gesichert sind, bleibt die restliche Finanzierung unklar. Auch beim Flughafen wurden die Pläne reduziert, erste Fortschritte wie Ausschreibungen für Hochgeschwindigkeitsstrecken zwischen Warschau und Łódź zeigen jedoch Potenzial.
In Deutschland liegt der Fokus auf Reformen und einer Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Politische Weichenstellungen sind dringend notwendig, um die strukturellen Probleme in den Schlüsselbranchen zu lösen und den Außenhandel zu stärken.
Zwei Länder, unterschiedliche Wege
Während Polen mit starkem Konsum, EU-Geldern und ambitionierten Projekten eine dynamische Entwicklung anstrebt, bleibt Deutschland von strukturellen Herausforderungen und wirtschaftlicher Stagnation geprägt. Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen beiden Ländern bieten jedoch Chancen, insbesondere für Deutschland, von Polens Wachstum zu profitieren.
Mit klugen politischen Entscheidungen und gezielten Investitionen könnten beide Länder gestärkt aus der Krise hervorgehen – insbesondere für Deutschland wäre dabei zu hoffen, dass die Sonne im Westen nicht untergegen will, sondern die Überwindung der Krise schlussendlich in einem ökonomischen Mittsommer mündet.
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