„De-Growth“, also das Schrumpfen der Wirtschaft, ist ein populäres linkes Konzept, mit dem man hofft den Klimawandel in den Griff zu bekommen und belebt damit sein altes Feindbild, das „Kapital“. Der Vorwurf schwingt auch immer mit, wenn man der aktuellen Regierung, allen voran dem Wirtschaftsminister, die De-Industrialisierung Deutschlands vorwirft.
Das geschah jetzt erst wieder aus berufenem Munde: In einem Vortag vor dem Bayerischen Wirtschaftsrat warf Theodor Weimer, der Chef der Deutschen Börse, dem deutschen Wirtschaftsminister mehr oder weniger unverhohlen ideologische Verblendung und Untätigkeit vor: „Der Treiber der Wirtschaft ist nicht mehr wie in den letzten 30 Jahren der Welthandel. Heute ist es die Technologie und das wird sie auch in den nächsten 20 Jahren bleiben. Und diesen Trend haben wir verschlafen!“ Er hat sicher recht, dass es hier einige gravierende Versäumnisse gibt.
Allerdings ist der Vorwurf der De-Industrialisierung ein großes Wort. Wir müssen unterscheiden zwischen Strukturwandel und Vernachlässigung. Im Moment wird von allen ideologischen Lagern viel zu viel Staub aufgewirbelt, um ein klares Bild zu bekommen, was von beidem was ist. Gewachsene Strukturen sind auch viel zu stabil, um sie in einer einzelnen Legislaturperiode strukturell zu schädigen. Allerdings können Weichen gestellt werden und der damit möglicherweise verursachte Schaden kann enorm und langwierig wieder zu beheben sein.
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Ideologisch wird bis dahin noch weiter viel Staub aufgewirbelt werden. Hoffen wir, dass der Blick klar genug bleibt und Stimmen der Vernunft, wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich, nicht zu sehr vernebelt werden, um bei der nächsten Wahl eine Entscheidung mit Augenmaß zu treffen.
Foto: Dieter Brockmeyer