Pilsen, die viertgrößte Stadt der Tschechischen Republik, ist von der Großen Kreisstadt Schwandorf aus mit der Bahn oder in rund zwei Stunden Autofahrt über die Autobahn A 6, der Via Carolina, zu erreichen. Bekannt ist Plzeň sowohl als Stadt der Škoda-Werke, als auch der Pilsner Urquell Brauerei. Vor allem die St.-Bartholomäus-Kathedrale in der Altstadt der Universitäts- und Bistumsstadt Pilsen zieht die Besucher an. Im Rahmen des Jahresprogramms 2024 „Mobilität“ informierte sich die Akademie Ostbayern-Böhmen (AOB) über den Verkehrsknoten Pilsen und dessen Bedeutung im grenzüberschreitenden Verkehr auf Straße und Schiene.

Zuerst steuerte man das historische, denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude an. „Pilsen ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt“, verdeutlichte hier der Ingenieur für Bauwesen Pavel Brůžek. Nach drei Jahren Renovierungsarbeiten wurde das Jugendstilgebäude 2023 wiedereröffnet. Unter dem großen Kuppeldach erläuterte Brůžek in der lichtdurchfluteten Bahnhofshalle die Wandgemälde und große Eisenplastiken im Stil des sozialistischen Realismus aus den 1950er Jahren. Neu sind moderne kleine Ladengeschäfte auf zwei Ebenen. Kuriosum und Anziehungspunkt in der Hallenmitte ist ein altes Tatra-Schienenfahrzeug für Kontrollfahrten aus dem Jahre 1944. Aus der Halle heraus führt nun nach Norden ein breiter Durchgang, auf dem die Fußgänger kurz und schnell zum Stadtzentrum gelangen, vorbei an der Stahlgitterkonstruktion einer Aussichtsplattform, mit interessanten Perspektiven auf Bahnhof und Innenstadt.

Blick in die historische Bahnhofshalle in Pilsen (Foto: Hans-Peter Weiß)

Nach einem gemeinsamen Mittagessen im ehemaligen Hotel Ural, heute Hotel Central, referierte Pavel Brůžek am Beispiel Pilsens, wie sich Eisenbahn- und Straßenverkehr im Wandel der Zeit gestalteten, vor allem die Verbindungen nach Bayern und die “Rolle Pilsens als wichtiger Verkehrsknotenpunkt“. In Pilsen kommen zwei Hauptbahnstrecken zusammen. Die Bahn-Schnellverbindung RS3 von Prag über Pilsen – Domažlice – Furth im Wald nach Schwandorf und weiter nach München oder Nürnberg ist bis Domažlice zweigleisig komplett elektrifiziert ausgebaut. Lediglich ein neun Kilometer langer Abschnitt fehlt noch, so der Fachmann für Straßenbau- und Tiefbau. „Mittlerweile fehlt leider die Entscheidung auf deutscher Seite über höhere Kapazitäten“, bedauerte der studierte Bautechniker, der seit 2023 beim Baukonzern Swietelsky-Rail tätig ist. Die Fertigstellung des Abschnitts Stod – Domažlice – Furth im Wald ist für 2027 – 2030 geplant. Die Strecke Plzeň – Klatovy – Železná Ruda – Zwiesel ist für den Tourismus eine sehr wichtige Verbindung. Sie ist allerdings nur eingleisig bis Klatovy elektrifiziert.

Mit finanzieller Hilfe der EU konnte mittlerweile der Transitkorridor Marktredwitz – Cheb – Pilsen – Prag auf tschechischer Seite vollelektrisch fast fertig gestellt werden. „Auch wenn der Abschnitt Cheb (Eger) – Schirnding – Marktredwitz nur eingleisig besteht, gibt es vor allem für den Lastverkehr gute Verbindungen“, betonte der Referent. Lediglich in Richtung Dresden ist die elektrifizierte Strecke ab Prag zweigleisig. Schnellstrecken wären wünschenswert, bleiben aber nur Visionen.

Pavel Brůžek (Mitte) informierte die AOB-Delegation über die Verkehrssituation in und um Pilsen herum (Foto: Hans-Peter Weiß).

Zum Straßenverkehr meint Pavel Brůžek: “Nachdem der Schwerverkehr immer mehr zunimmt, sind Straßen nicht die Lösung. Wir brauchen den Lastverkehr nicht auf den Autobahnen und Straßen, der gehört auf die Eisenbahnschiene oder auf Wasserwege“. Alle angedachten Bauvorhaben müssen zudem einer ökonomischen Prüfung standhalten. Erfreulich sei, dass auf der Bundesstraße im Abschnitt Pilsen – Bayerisch Eisenstein sowie Pilsen – Domažlice – Furth im Wald die Umfahrung Klatovy in Kürze fertig gestellt wird. Weitere Umfahrungen der Orte Stod, Holýšov, Horšovský Týn und Babylon sind bis 2031 geplant”, betonte der Referent. Für ihn gehören Mobilität und Konnektivität fest zusammen. Auch Brůžek hofft, dass „auf beiden Seiten, die Regierungen die laufenden Diskussionen bald zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.“

Brunnen auf dem Platz der Republik in Pilsen (Foto: Hans-Peter Weiß)

Nachdem Pilsen-Kenner Hans Fischer im Rathaus an einem großen Stadtmodell mögliche Ziele vorstellte, hatte man die Möglichkeit die überaus reizvolle Innenstadt auf eigene Faust zu erkunden. Neben dem altehrwürdigen Renaissance-Rathaus beeindruckten die St.-Bartholomäus-Kathedrale und ihr markanter Spitzturm. Mit 102 Metern Höhe ist der schlanke Kirchturm Tschechiens Anziehungspunkt schlechthin. Den Platz der Republik, auf dem sich drei neuzeitliche Brunnen und die Pestsäule aus dem Jahre 1681 finden, säumen das Renaissancerathaus, das Kaiserhaus und viele renovierte Häuser mit prächtigen Fassaden. Rund um den historischen Altstadtkern, der von Parks umgeben ist, waren auch das Franziskanerkloster, das Jugendstilcafé im Besedahaus, die Große Synagoge aus dem 19. Jahrhundert sowie das Tyl-Theater einen Besuch wert. Auch das Brauereimuseum, die Kafkaausstellung in der Westböhmischen Galerie und das Puppenmuseum Loutek konnten besichtigt werden.

Von Kollegiumsmitglied Hans-Peter Weiß

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