Seit vielen Jahren leistet unsere Partnerorganisation GPB Europaverein e.V. aus Eschweiler mit den „Nachrichten aus Europa“ einen aus dem EUROjournal pro management nicht mehr wegzudenkenden Beitrag. Anbei der neueste Überblick, wie die wichtigsten europäischen Themen in den führenden Publikationen der EU-Mitgliedsstaaten aufgenommen werden. 

17. April 2024 – Der Angriff Irans: Wie wird Israel reagieren?

Wie wird Israel den erfolgreich abgewehrten iranischen Drohnen- und Raketenangriff vom Wochenende beantworten? US-Präsident Biden hatte das Land aufgefordert, nicht auf die Attacke zu reagieren. Iran warnte, man würde einen Gegenschlag zehnmal härter beantworten. Israel seinerseits kündigte eine Reaktion an, hält sich jedoch weiterhin darüber bedeckt, welche. Europas Presse wägt ab.

Kroatien – Jutarnji list – Es gibt vier Optionen

Jutarnji list erörtert, wie Israel vorgehen könnte:

„Die iranischen Nuklearanlagen sind gut verteidigt und in Natanz in einen Berg eingegraben. Ein gescheiterter Angriff würde Netanjahu und [Verteidigungsminister] Galant zu Fall bringen. … Die zweite Option ist ein Angriff auf iranische Kommandeure, die Armee oder Orte in- oder außerhalb Irans, was weniger Risiken birgt, aber auch weniger Resonanz in der israelischen Bevölkerung finden wird. Die dritte Option wäre eine Intensivierung der Angriffe auf die Hisbollah und andere iranische militärische Vasallen in Syrien und Irak oder ein Cyberangriff auf Iran. Die vierte Option wäre ein Angriff auf die Huthis in Jemen, was die USA trotz ihrer Aussagen, sie würden sich an einer israelischen Antwort nicht beteiligen, unterstützen würden.“

Frankreich – Le Figaro – Netanjahu hat jetzt schon gewonnen, aber…

Le Figaro wägt ab:

„Die Regierung von Benjamin Netanjahu könnte sich mit einem glänzenden militärischen und diplomatischen Sieg zufrieden geben: Nicht nur Washington, sondern auch London, Paris und sogar Amman sind ihr zu Hilfe geeilt. … Doch es bleibt der Affront des direkten Angriffs, die erklärte Haltung des Iran als unversöhnlicher Feind Israels und die Beständigkeit dieser als existenziell empfundenen Bedrohung. Israel könnte darin eine Gelegenheit und eine verstärkte Legitimität sehen, seinerseits das iranische Territorium anzugreifen, insbesondere die Einrichtungen des militärischen Atomprogramms. … Hat sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis so verändert, dass Netanjahu dieser alten Versuchung nachgibt?“

Griechenland – Eleftheros – Biden hält jetzt das Heft in der Hand

Auch Eleftheros Typos hofft auf die USA:

„Mit dem Angriff in Damaskus wollte Israels Premier eine überzogene Reaktion Teherans provozieren, um den Westen zu einer bedingungslosen Unterstützung zu zwingen. Bis zu einem gewissen Grad ist ihm das gelungen, denn an der Operation zum Abfangen iranischer Drohnen bzw. Raketen waren nicht nur die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland beteiligt, sondern auch Jordanien. …. Nun muss Netanjahu zeigen, dass er keine Eskalation zur Mobilisierung der heimischen gespaltenen öffentlichen Meinung will, die in erster Linie ihn für das Drama der Geiseln und die internationale Diffamierung des jüdischen Staates verantwortlich macht. Die Europäer werden tun, was Biden ihnen sagt, und dieser hat die Pflicht, Netanjahu dazu zu zwingen, hier aufzuhören. Unsere Sicherheit hängt davon ab.“

Rumänien – Observator – Flächenbrand vermeiden

Der Chefredakteur der Wochenzeitung Observator Cultural, Matei Martin, hofft auf Zurückhaltung Israels:

„Aus amerikanischer Sicht birgt ein weiterer israelischer Schlag gegen den Iran die Gefahr, dass der Krieg, der bisher weitgehend auf den Gazastreifen beschränkt ist, zu einem regionalen Flächenbrand ausufert. Eine Antwort Israels ist trotz der Versuche aus Washington, die Lage zu deeskalieren, nicht ausgeschlossen – sie ist sogar unvermeidlich, sagen die israelischen Hardliner. … Der israelische Botschafter bei der UN berief sich zwei Tage nach dem Angriff auf das ‚Recht auf Vergeltung‘. Aber wurde das Völkerrecht nicht gerade deswegen geschaffen, weil ein Weltfrieden nicht hergestellt werden kann, wenn jeder auf Vergeltungsrecht pocht?“

Italien – La Stampa – Klarer Interessenkonflikt bei israelischer Regierung

Auch La Stampa sieht Israels Interesse an einer Koalition mit den arabischen Staaten, gibt aber zu bedenken:

„Dieses strategische Interesse steht jedoch im Gegensatz zu Netanjahus taktischem Interesse, seinen eigenen politischen Untergang hinauszuzögern oder zu vermeiden. Er scheint daher geneigt zu sein, weiterhin die israelische Ultrarechte zu unterstützen, für die die Möglichkeit eines palästinensischen Staates ein No-Go ist. Von der Entscheidung, wie dieser Knoten zu lösen ist, wird in hohem Maße die Fähigkeit abhängen, die iranischen Pläne in der Region einzudämmen.“

Niederlande – Trouw – Riskante Reaktion sanktionieren

Der Westen muss Israel unter Druck setzen, fordert Trouw:

„Es wird Zeit, dass Biden harte Bedingungen an die Militärhilfe für Israel knüpft. Der Westen hat großes Verständnis gezeigt für Israels Forderungen und Wünsche, aber leider mangelt es an Gegenseitigkeit. Als souveränes Land hat Israel das Recht, seinen eigenen Kurs zu bestimmen, aber das Prinzip gilt auch für den Westen. Wenn Israel sich also entscheidet, doch erneut riskante Aktionen zu unternehmen und dabei die Ratschläge seiner Verbündeten in den Wind zu schlagen, dann muss es auch bereit sein, die Konsequenzen alleine – und ohne westliche Hilfe – zu tragen.“

Finnland – Kauppalehti – Auswirkungen auf globale Wirtschaft

Was Israel jetzt tut, hat auch Konsequenzen für Europas Energieversorgung, schreibt Kauppalehti:

„Inoffiziell hat der Iran mitgeteilt, dass sein massiver Raketen- und Drohnenangriff diese Serie von Vergeltungsschlägen nun beendet habe, aber es ist keineswegs sicher, dass Israel das auch so sieht. … Der Iran ist derzeit der viertgrößte Ölproduzent in der Opec. … Israel könnte einen Vergeltungsangriff auf die iranische Energieinfrastruktur starten, was Auswirkungen auf die weltweite Ölversorgung, die Preise und vor allem auf die Wirtschaft der Eurozone in einem Umfang haben könnte, der über Irans Bedeutung als Ölproduzent hinaus geht.“

Weitere europäische Reaktionen aus der Internationalen Presseschau des Deutschlandfunks: 

„Mit seinem direkten Angriff auf Israel hat der Iran die rote Linie überschritten“, betont der CORRIERE DELLA SERA aus Mailand. „Das war eine kalkulierte Aktion der Revolutionsgarde. Wenn sie uns angreifen, so bekräftigte deren Befehlshaber, dann greifen wir sie an. In Israel drängt der härteste Flügel der Regierung jetzt auf einen Gegenschlag.“

„Der Iran wünscht sich schon lange die Rolle des Anführers einer Art internationaler Widerstandsbewegung gegen das, was die Gegner als westlichen Machtmissbrauch bezeichnen“, urteilt die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN. „Jetzt bietet der Krieg im Gazastreifen dem Regime in Teheran neue Chancen. Der Iran und Russland haben die westlichen Sanktionen dazu genutzt, engere Bande zu knüpfen. Beide profitieren auch davon, dass der sogenannte globale Süden die westliche Hegemonie immer mehr herausfordert“, schreibt AFTENPOSTEN aus Oslo.

Auch der britische ECONOMIST befasst sich mit dem Konflikt. „Noch vor einer Woche war ein Großteil der Welt vereint in der Empörung über die erschreckende Zahl ziviler Opfer und die wachsende Hungersnot, die Israels Einmarsch in Gaza als Reaktion auf die Gräueltaten der Hamas auslösten. Heute sieht das ganz anders aus. Israel kann sich als Opfer darstellen (auch wenn es ein israelischer Luftschlag war, der den iranischen Angriff auslöste). Die Debatte über eine Beschränkung der Waffen an Israel wird erst einmal verstummen. Und die Not der Bevölkerung im Gazastreifen wird zweitrangig angesichts der Gefahr eines größeren regionalen Krieges“, glaubt der ECONOMIST aus London.

„Durch den massiven Angriff mit Drohnen und Raketen erfüllte Teheran Benjamin Netanjahus Traum“, vermutet die polnische RZECZPOSPOLITA. „Israel hat jetzt wieder die volle Unterstützung des Westens. Es landete im Lager des Guten, und der Iran steckt zusammen mit der Hamas und Russland im Lager des Bösen fest.“

Von Kollegiumsmitglied Annelene Adolphs, Europaverein GPB

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