Sie war lange geteilt in West und Ost, seit mehr als 30 Jahren ist sie wieder vereint, können sich Menschen aus fast allen Teilen Europas ungehindert dort treffen und den europäischen Gedanken leben. Daher war es eine gute Idee gerade in Berlin zu einem Festakt einzuladen, noch dazu in die Tschechische Botschaft. Im Rahmen des Jubiläums „100 Jahre Paneuropa“, das heuer schon in verschiedenen Metropolen des alten Kontinents gefeiert wurde. Die älteste und bedeutendste überparteiliche Friedensbewegung, die Richard Coudenhove-Kalergi im Jahre 1922 gründete, hat auf Grund der Weltereignisse mehr Berechtigung als je zuvor, ist durch ihre Philosophie und das Wirken auf europäischer Ebene ein unverzichtbares Sprachrohr.

Ein Sprachrohr, das in Dr. h.c. Bernd Posselt, dem Präsidenten der Paneuropa-Union Deutschland und früheren langjährigen Europaparlamentarier, eine mahnende und dennoch Zuversicht ausdrückende Stimme hat. Er setzte sich in einem Impulsreferat kritisch mit den nationalstaatlichen Egoismen in den EU-Staaten auseinander, forderte unter anderem die Schaffung einer europäischen Armee, eine massive Stärkung des Europarlaments und eine auf europäischer Kultur aufbauende Gesinnung. Während der gastgebende Botschafter Tomáš Kafka das Zusammentreffen in Berlin bei ihm als Stück Normalität bezeichnete, „auf das wir alle durch die Zeitgeschichte viel zu lange warten mussten“.

Einige Hauptakteure des Abends: Botschafter Tomáš Kafka, Paneuropa-Union Deutschland Präsident Bernd Posselt, Sänger Sergyi Iwanchuk

Dann eine unterhaltsame, mit zahlreichen Fragezeichen gespickte Podiumsdiskussion über ein funktionierendes Europa im Beisein internationaler Gäste und mit Moderator Christian Hoferer, Vorsitzender der Paneuropa-Jugend Deutschland. Da äußerten die sich von ihm zur Zukunft Europas befragte Teilnehmer der Runde trotz aller Unwägbarkeiten positiv. Der päpstliche Nuntius Nikola Eterović sagte, es gebe eine Versöhnung über den christlichen Geist, „ich träume von einem Europa, das die Rechte des Einzelnen schützt und die Menschenrechte nicht all zu weit nach hinten stellt“. Elmar Brok, ein ganz erfahrener Europa-Politiker, meinte, „ich glaube an die Kraft der Vernunft im Lernen des Zusammenseins, jeder einzelne Staat in Europa ist für sich allein zu schwach“. Und er wies noch auf die zunehmende Abhängigkeit in der Logistik durch die steigenden Hafenanteile der Chinesen in Europa hin, „das ist schlimmer als die Abhängigkeit von Gazprom“.

Podiumsdiskussion mit (von links) Christian Hoferer, Erzbischof Nikola Eterovic, MdB Knut Abraham, MdEP a.D. Emar Brok, MdEP a.D. Milan Horáček und Marie Bĕlohoubková vom Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum (alle Fotos: Horst Wunner).

„Wir mischen uns weiter ein“, machte Milan Horáček, ehemaliger Parlamentarier und Menschenrechtsaktivist, deutlich, und Bundestagsabgeordneter Knut Abraham mahnte ein besseres Geschichtswissen über Europa im Detail an, um es zu verstehen. „Ich sehe die Zukunft der EU in einer erweiterten Union mit reformierten Institutionen. Bin aber schon stolz, wie die EU bisher Einheit und Geschlossenheit gegenüber Russland gezeigt hat“. Auf einem guten Weg sieht Marie Bĕlohoubková, Jugendvertreterin im Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum, die europäische Jugend im gegenseitigen Verständnis, „mehrere Sprachen zu sprechen ist ein gewichtiger Vorteil“. Einen unbändigen Freiheitswillen und pure Heimatliebe drückte der ukrainische Opernbariton Sergyi Iwanchuk in ergreifenden Arien aus. Der Sänger wurde bei einem humanitären Einsatz für sein Land gegen Russland schwer verwundet.

Von Kollegiumsmitglied Horst Wunner

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