Seit vielen Jahren leistet unsere Partnerorganisation GPB Europaverein e.V. aus Eschweiler mit den „Nachrichten aus Europa“ einen aus dem EUROjournal pro management nicht mehr wegzudenkenden Beitrag. „Wie tickt Europa“ gibt einen schönen Überblick, wie die wichtigsten europäischen Themen in den führenden Publikationen der EU-Mitgliedsstaaten aufgenommen werden.   

Vielleicht erinnern sich manche von Ihnen noch daran: vor 30 Jahren sprachen wir von den großen drei auf der Welt und meinten damit USA – JAPAN – EUROPA. EUROPA nicht zuletzt auch schon deshalb, weil wir gerade dabei waren uns auf die gemeinsame Währung der EU einzustellen, den EURO. Heute zählt China zu der zweitgrößten Wirtschaftsmacht. Einzelne Nationen der EU zählen immerhin zu den G7 und G20, aber die EU als Ganzes finden wir auf einer solchen Skala immer noch nicht. Wir müssen schon selber nachzählen.

Bundeskanzler Scholz besuchte CHINA, Präsident Macron die USA

Was hat Macron in Washington erreicht?

Beim Staatsbesuch des französischen Präsidenten in den USA haben Biden und Macron ihre Geschlossenheit demonstriert und der Ukraine ihre gemeinsame Unterstützung versichert. Unmittelbar vor dem Treffen hatte Macron die geplanten US-Subventionen für einheimische Hersteller umweltfreundlicher Technologien als „super aggressive“ bezeichnet. Kommentatoren befürchten einen neuen Handelsstreit mit schlechten Karten für Europa.

Slowenien – Dnevnik – 02.12.2022

Immerhin ein Zugeständnis

Macrons Besuch bei Joe Biden war wichtig, um einen neuen Handelsstreit mit den USA zu verhindern, meint Dnevnik:

„Macron gelang es nicht, Biden davon zu überzeugen, auf die Subventionen zu verzichten – im Geiste der transatlantischen Einheit, die auch für die weitere Unterstützung der Ukraine nötig ist. Sie einigten sich jedoch darauf, dass die amerikanische Gesetzgebung so geändert wird, dass sie sich nicht gegen die Europäer richtet. Um die transatlantische Einigkeit gegenüber Putin zu wahren, hat Biden gestern ein Zugeständnis gemacht. Wie stark dies sein wird, werden amerikanische und europäische Verhandlungsführer entscheiden.“

Frankreich – Les Echos – 02.12.2022

Buy European Act hätte keine Chance

Die innere Spaltung Europas verhindert ein geschlossenes Auftreten in der Sache, analysiert Les Echos:

„Wenn man sich die Energiepreise ansieht, besteht kein Zweifel daran, dass der Preis, den Europa für den Krieg in der Ukraine zahlt, hoch ist. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass der (offensichtliche) amerikanische Protektionismus und die massiven Subventionen für die Niederlassung von Fabriken schwere Folgen für Europa haben werden. … Es wäre sinnlos, einen Handelskrieg zu eröffnen und die WTO einzuschalten. … Mit einem Buy European Act zu reagieren, wäre zwar logischer, aber die Deutschen sind gespalten und es ist ausgeschlossen, dass Polen, das unter amerikanischem Schutz steht, dieses Risiko eingeht.“

Belgien – De Morgen – 02.12.2022

Subventionsrennen verhindern

De Morgen warnt vor der Rückkehr des Protektionismus:

„Staats-Milliarden, die in einem Subventionswettkampf ausgegeben werden müssen, können nicht für ein anderes wertvolleres gesellschaftliches Ziel verwendet werden. … Bei der Suche nach Gas zeigte sich bereits, dass ärmere Länder neben den Angeboten des Westens das Nachsehen hatten. Dasselbe könnte geschehen, wenn nach den USA auch die EU den eigenen Markt gegen Importe abschirmt. Der wirtschaftliche Preis wird dann von Ländern bezahlt, die aus dem Subventionsrennen gedrängt werden. Mit ernsthaften Folgen für Stabilität und Wohlstand in der ganzen Welt.“

Was will Erdoğan in Syrien und im Irak?

Nach Luftangriffen auf die kurdische PKK und YPG in Syrien und dem Irak erwägt die Türkei nun auch den Einsatz von Bodentruppen. Ankara rechtfertigt den Beschuss als Reaktion auf den Anschlag in der Istanbuler Einkaufsstraße İstiklal. Beide Kurdenmilizen haben aber zurückgewiesen, die Drahtzieher zu sein. Für viele Medien liegen die Gründe für die türkischen Bombardements ohnehin woanders.

Griechenland – Protagon – 30.11.2022

Schritt für Schritt die Türkei vergrößern

Der Historiker Pierros Tzanetakos schreibt in Protagon:

„Das von der Türkei besetzte Gebiet soll sich nach Ankaras Plänen mindestens 30 Kilometer hinter die Grenze ausdehnen. Wenn das gelingt, wird Erdoğan viele Gründe zum Feiern haben. Vor allem wird dieses Gebiet de facto als türkisches Territorium betrachtet werden. … Und später, wenn die Wahlen und der Oktober 2023 [100. Geburtstag der türkischen Republik] näher rücken, ist es sehr wahrscheinlich, dass es de jure türkisches Gebiet wird. So wird Erdoğans wichtigste Wahlkampfansage, er werde die Türkei „groß machen“, Wirklichkeit. Indes ist keine Großmacht bereit, sich in dieser Frage mit der Türkei anzulegen. … Wenn die Türken den Vertrag von Lausanne [der 1923 die Grenzen der modernen Türkei festlegte] an der syrischen Grenze brechen können, warum sollten sie nicht glauben, das auch mit Griechenland tun zu können?“

Finnland – Ilta-Samonat – 01.12.2022

Helsinki sind die Hände gebunden

Für Finnland ist es schwierig, die Angriffe auf die Kurdenmiliz YPG zu verurteilen, konstatiert entsprechend Ilta-Sanomat:

„Das im vergangenen Sommer von Finnland und Schweden gemeinsam mit der Türkei unterzeichnete Memorandum unterscheidet nicht zwischen der PKK, die als terroristische Organisation eingestuft wird, und der Kurdenmiliz YPG, die die kurdischen Gebiete in Syrien verteidigt. Dem Memorandum zufolge sollten beide Länder die Türkei in ihrem Kampf gegen diese Organisationen unterstützen oder zumindest Verständnis dafür aufbringen. … Dies bringt Finnlands außenpolitische Führung in eine schwierige Lage.“

Cypern – Cyprus Mail – 27.11.2022

Fehlgeleiteter Neo-Osmanismus

Cyprus Mail wettert:

„Erdoğan, [Vizepräsident] Fuat Oktay und Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, um nur die schlimmsten Übeltäter zu nennen, repräsentieren eine Türkei, die verblendet, zutiefst antigriechisch, antisemitisch, antieuropäisch und generell antiwestlich ist. Ein jammernder Unruhestifter, der fast alles leugnet, was mit ihm nicht in Ordnung ist. … Ganz zu schweigen von der jüngsten Invasion in Syrien unter dem Deckmantel einer weiteren „Friedensmission“ und der destabilisierenden Rolle in Libyen und im Mittelmeerraum. … Man kann Erdoğan nur als größenwahnsinnigen Tyrannen bezeichnen, dessen fehlgeleiteter Neo-Osmanismus eine existenzielle Bedrohung für alle Länder der Region darstellt. Sein jüngstes Kuscheln mit Diktator Putin ist ein Weckruf für uns alle.“

Brüssel will Teil der Gelder für Budapest einfrieren

Ungarns Reformen im Kampf gegen Korruption reichen der EU-Kommission nicht aus. Daher empfiehlt sie, für Budapest bestimmte Fördergelder in Höhe von 7,5 Milliarden Euro einzufrieren. Gleichzeitig rät sie zur Annahme des ungarischen Wiederaufbauplans, der mit der Auszahlung von 5,8 Milliarden Euro Coronahilfen verknüpft ist. Bevor nun die EU-Finanzminister über beide Empfehlungen entscheiden, kommentiert Europas Presse.

Slowakei – Pravda – 1.12.2022

Kein Platz für falsche Solidarität

Wenn die Finanzminister im EU-Rat über die Kommissionsempfehlung entscheiden, sollte Bratislava dafür stimmen, rät Radovan Geist, Chefredakteur des Portals euractiv.sk, in der Pravda:

„Sofern die Slowakei keinen ernsthaften Grund hat, der Kommission zu misstrauen, sollte sie gemäß ihrer Empfehlung stimmen und europäisches Geld für die ungarische Regierung blockieren. Für politische Deals ist kein Platz. Auch nicht für falsche Visegrád-Solidarität.“

Ungarn – Hvg – 01.12.2022

Von der Leyen will sich Blamage ersparen

Mit einer härteren Gangart wäre die Kommission womöglich gescheitert, beobachtet Hvg:

„Ungarn wird einen Teil seines Geldes nicht erhalten, aber ein anderer Teil wurde für die Überweisung vorbereitet. Durch diese „Kopplung“ hat der Vorschlag der Europäischen Kommission gute Chancen, der Prüfung der Mitgliedstaaten standzuhalten. … Orbán setzte darauf, dass sich die Kommission um jeden Preis die Blamage ersparen will, dass einer ihrer Vorschläge zur Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Rat stecken bleibt. Bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die ungarische Strategie offenbar funktioniert.“

Tschechien – Denik N – 01.12.2022

Ungarn ist nicht zahnlos

Die EU-Kommission steht gegenüber Viktor Orbán zwischen Baum und Borke, weil sie ein Veto Ungarns für ein großes Ukraine-Hilfspaket vermeiden will, notiert Deník N:

„Die Kommission will Ungarn deshalb nicht nur Geld sperren, sondern auch Geld geben. So scheint es zumindest. Zur Genehmigung empfahl sie den ungarischen Aufbauplan, dank dem das Land Mittel aus dem außerordentlichen Pandemiefonds erhalten soll. … Bald nämlich soll es auch um Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 18 Milliarden Euro gehen. Orbán hat bereits vor zwei Wochen angekündigt, diesen Plan nicht unterstützen zu wollen.“

Deutschland verurteilt Holodomor als Völkermord

Der Deutsche Bundestag hat eine Resolution verabschiedet, die den Holodomor in der Ukraine von 1932 und 1933 als Völkermord anerkennt. Die SPD-Abgeordnete Gabriela Heinrich sagte, der Holodomor sei eine von Stalin „gewollte und geplante Hungersnot“ gewesen. Mehrere Millionen Menschen in der Ukraine waren damals dem Hunger zum Opfer gefallen. Kommentatoren beurteilen die Resolution unterschiedlich.

Schweiz – Zürcher Zeitung – 29.11.2022

Verordnete Erinnerungspolitik

Dass der Deutsche Bundestag mit seinem Entscheid die Geschichtswissenschaft übergeht, findet die Neue Zürcher Zeitung problematisch:

„Zwar ist es unstrittig, dass Stalin plan- und absichtsvoll Millionen Bauern verhungern ließ und damit ein Menschheitsverbrechen beging. In der Frage aber, ob er damit auch völkermörderisch handelte, gibt es keinen Konsens. … So aber verordnet das Parlament Erinnerungspolitik von oben herab – und das bei umstrittener Faktenlage. Man kann nur hoffen, dass … Historiker auch weiterhin ergebnisoffen die Frage erforschen werden, warum die Sowjetunion Millionen Ukrainer und andere Sowjetbürger in den Hungertod schickte. Leichter wird es nach der faktenschaffenden, das Meinungsklima einseitig prägenden Resolution nicht.“

Italien – La Stampa – 01.12022

Note nach Moskau

Die Entscheidung fällt nicht von ungefähr gerade jetzt, analysiert der frühere Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Vladimiro Zagrebelsky, in La Stampa:

„Mit der Verwendung des Wortes Völkermord – dem schwerwiegendsten und gewichtigsten unter den Begriffen für internationale Verbrechen – will man politisch eine Botschaft aussenden, die einen Zusammenhang herstellt mit der jetzt von der russischen Seite eingeschlagenen Kriegsführung, mit der Zerstörung der zivilen Infrastrukturen zur Stromerzeugung und Wasserversorgung, jetzt, wo die Kälte über die Ukraine hereinbricht: damals Hunger und Tod, heute Kälte und Tod.“

Frankreich – Contrepoints – 01.12.2022

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Die Abgeordnete Anne Genetet (Renaissance) hat im französischen Parlament einen Entwurf für eine Resolution eingereicht, die den Holodomor als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einstuft. Contrepoints zieht mit:

„Das Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Sowjets begann Anfang der 1920er Jahre auf den Solowezki-Inseln, als Lenin die ersten kommunistischen Konzentrations- und Vernichtungslager einrichtete. Sein schreiender Schatten überdeckt 70 Jahre russischer, ukrainischer, bulgarischer und belarussischer Geschichte. … Der Holodomor ist keine Ausnahme: Er ist eine Blaupause, und daher muss man ihn erkennen und unablässig anprangern, solange Nordkoreaner in ihrem doppelt abgeriegelten Land verhungern wie die Ukrainer in den 1930ern. Der Holodomor ist nicht vorbei.“

Rundblick Europa by Euractiv

Baerbock warnt Türkei vor Bodenoffensive in Syrien. Nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit einer Bodenoffensive in Nordsyrien gedroht hatte, mahnte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ihren türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu, keine Maßnahmen zur weiteren Eskalation zu ergreifen.

EU-Abgeordneter verlässt Liberale wegen Zusammenarbeit mit Schwedendemokraten. Der französische Europaabgeordnete Pascal Durand hat die liberale Fraktion Renew Europe im Europäischen Parlament verlassen. Er sei dagegen, dass die schwedischen Liberalen Mitglied der Fraktion seien, obwohl sie auf nationaler Ebene eine Zusammenarbeit mit rechts außen eingegangen sind.

Slowakei nimmt Entführungsfall nach neuem Prozess in Deutschland wieder auf. Der Prozess gegen einen vietnamesischen Mann, dessen Entführung 2017 durch slowakische Behörden geduldet worden sein soll, wurde von der slowakischen Strafverfolgungsbehörde neu eröffnet. Die Behörden leiteten eine Untersuchung wegen Korruption im Zusammenhang mit der Entführung ein, nachdem ein zweiter Verdächtiger in Deutschland vor Gericht gestellt worden war.

Österreich verliert EU-Gerichtsverfahren gegen ungarisches Atomkraftwerk. Das Gericht der EU hat eine österreichische Klage gegen die staatliche Finanzierung des neuen ungarischen Kernkraftwerks Paks II abgewiesen – das Geld dafür kommt aus Budapest und Russland.

Von Kollegiumsmitglied Annelene Adolphs, Europaverein GPB e.V.

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