Seit vielen Jahren leistet unsere Partnerorganisation GPB Europaverein e.V. aus Eschweiler mit den „Nachrichten aus Europa“ einen aus dem EUROjournal pro management nicht mehr wegzudenkenden Beitrag. „Wie tickt Europa“ gibt einen schönen Überblick, wie die wichtigsten europäischen Themen in den führenden Publikationen der EU-Mitgliedsstaaten aufgenommen werden.
Leopard-Panzer: Wie groß ist der Druck auf Berlin?
Nach Polen hat nun auch Finnland Bereitschaft signalisiert, der Ukraine Leopard-Kampfpanzer zu liefern. Da sie in Deutschland produziert werden, ginge dies nicht ohne die Zustimmung aus Berlin. Wie sehr der Druck auf Bundeskanzler Scholz vor dem geplanten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am kommenden Freitag in Ramstein wächst, zeigt ein Blick in die europäischen Kommentarspalten.
Polen – Polityka – Polen bringt die Sache ins Rollen
Nach der Ankündigung durch den polnischen Präsidenten Andrzej Duda wird Deutschland schließlich nachgeben müssen, glaubt Polityka:
„Die polnische Initiative soll einen sich so selbst verstärkenden Druck auf Berlin und andere Länder ausüben, dass es kein Zurück mehr gibt. Die Erklärung des Präsidenten kommt zu einem besonderen Zeitpunkt: eine Woche vor einem Treffen der obersten Befehlshaber der Nato-Länder. … Sie kam jedoch nicht überraschend, denn Dudas Aufbau einer multinationalen Koalition für die Verlegung von Panzern in die Ukraine wurde bereits vor einigen Tagen vom polnischen Regierungschef angekündigt. Wenn das Ganze also gut vorbereitet wurde, sind in den kommenden Tagen weitere Erklärungen zu erwarten, die die Bildung von ein oder zwei Panzerbataillonen ankündigen.“
Litauen – LRT – Lasst die Leoparden frei!
Die Nachwelt wird einmal rätseln, warum diese Entscheidung so lange gedauert hat, glaubt LRT:
„Geben Sie der Ukraine die Panzer! Befreit die Leoparden! Polen, Finnland und sogar Frankreich haben Deutschland aufgefordert, der Ukraine deutsche Panzer zur Verfügung zu stellen, ohne die ihre Armee nicht in der Lage sein wird, eine endgültige Befreiungsoffensive zu starten. Warum die Nato-Mächte diese logische militärische Entscheidung hinausgezögert haben, darüber werden die Nachkriegshistoriker noch lange schreiben. … Nach [der Leopard-Lieferung] können wir uns nur noch freuen und gemeinsam seufzen: Warum konnte das nicht schon früher getan werden? Wie viele Leben, Blut und Tränen hätten gerettet werden können?“
Finnland – Kaleva – Moralische Verpflichtung, die sich lohnen wird
Finnland kann ohne zu große Bedenken Leopard-Panzer an die Ukraine liefern, ist Kaleva überzeugt:
„Finnland ist moralisch verpflichtet, sich an der europäischen Koalition zu beteiligen, sollte sie denn zustande kommen. Wenn ein kleiner Teil der etwa 200 Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert wird, wird das die finnischen Verteidigungskapazitäten noch nicht ins Wanken bringen. Man darf auch nicht vergessen, dass Russland den größten Teil seiner Offensivkräfte in der Ukraine vergeudet hat, und das offenbar auf Jahre hinaus. … Eine gemeinsame europäische Linie im Hinblick auf Leopard-Lieferungen wird hoffentlich bis zum Gipfel zur Militärhilfe an die Ukraine in Ramstein am nächsten Freitag gefunden werden. Schon das Wissen um Leopard-Lieferungen würde den Glauben der Russen an einen Sieg erschüttern.“
Kroatien – Index.hr – Deutschlands Blockade-Möglichkeiten schwinden
Berlin kommt jetzt weiter unter Druck, ist sich Index.hr sicher:
„Das Beste ist, dass in den [britischen] Challenger-2-Panzern kein einziges deutsches Teil verbaut ist, weshalb Kanzler Olaf Scholz und seine SPD die Lieferung nicht wie damals verhindern können, als Madrid den Ukrainern Leopard-2-Panzer geben wollte. Berlin wird sicher stark gegen die Lieferungen der Challenger lobbyieren – aus Angst, unter noch stärkeren Druck zu kommen. … Warschau ließ verlauten, es sei bereit, der Ukraine seine Leopard 2 so schnell zu liefern, wie es US-amerikanische Abrams und südkoreanische Black Panther bekommt. Momentan befinden sich im Arsenal der polnischen Armee 132 Leopard 2A4, 105 Leopard 2A5 und fünf modernisierte Leopard 2PL. Doch um die Lieferung zu ermöglichen, bedarf es einer Erlaubnis aus Berlin.“
13.01.2023 – Ob nun aus gesundheitlichen Gründen, aufgrund einer Palastrevolution oder wegen ausbleibenden Erfolgs beim Angriffskrieg gegen die Ukraine: Putins baldiger Abgang wird in einigen Kreisen als realistische Vision für 2023 gehandelt. Auch Europas Presse beschäftigt mit der Frage, ob die Zeit des scheinbar ewigen Präsidenten abgelaufen sein könnte.
Rumänien – Blog Moise Guran – Er hat keine Optionen mehr
Putin steckt in der Sackgasse, schreibt Moise Guran in seinem Blog:
„Ich glaube, dass der Krieg in der Ukraine noch in diesem Jahr enden könnte, entweder durch eine Niederlage der russischen Armee auf dem Schlachtfeld oder durch ihren Kollaps, gefolgt mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Krieg um die Macht im Kreml. … Wenn Putin erneut mobilmacht, wird dies den Zusammenbruch der Armee beschleunigen. Wenn er es nicht tut, wird er angesichts der unvermeidlichen ukrainischen Offensive eine taktische Niederlage erleiden.“
Frankreich – Slate – Es braucht eine verschworene Gruppe
Es ist nicht auszuschließen, dass Putin gestürzt wird, glaubt Kolumnist Fred Kaplan in Slate:
„Wie andere autoritäre Herrscher ist Putin gut darin, seine Gegner zu vernichten, bevor sie zu seinen Rivalen werden. Sollten sechs Offiziere einen Putsch organisieren, müssten sie alle überzeugt sein, dass keiner der fünf anderen sie verrät. Und soll auch nur die geringste Chance bestehen, Putin zu stürzen, ist das wahrscheinlich der einzige Weg, es zu erreichen. Solche Dinge ereignen sich jedoch nur sehr plötzlich. Vielleicht wird die Verschwörung gerade gesponnen, während ich diese Zeilen schreibe, und niemand wird von der Nacht der langen Messer erfahren, bevor sie vorbei ist.“
Bulgarien – Deutsche Welle – Aufstand bleibt bisher aus
Die russischen Truppenverluste im Ukraine-Krieg belaufen sich bislang auf 110.000 Tote, schreibt der bulgarische Dienst der Deutschen Welle und wundert sich:
„Das sind achtmal so viel getötete Soldaten wie in zehn Jahren Afghanistankrieg [Sowjetisch-Afghanischer Krieg 1979-1989] und doppelt so viele wie in zwölf Jahren Vietnam-Krieg. Jede russische Familie kennt mittlerweile wenigstens eine andere Familie, die einen Sohn oder Ehemann in der Ukraine verloren hat. Wie viel Tod hält diese Gesellschaft aus? Offenbar machen 100.000 tote Soldaten keinen Eindruck auf sie. Wird es bei 500.000 Soldaten dasselbe sein? Bei einer Million? Bei drei Millionen?“
12.1.2023 – EU legt Erasmus-Fördermittel für Ungarn auf Eis
21 ungarische Universitäten, die von Stiftungen getragen werden, erhalten vorerst keine neuen Fördermittel aus dem Erasmus-Programm der Europäischen Union: Das beschloss die EU-Kommission zusammen mit dem Einfrieren von Mitteln aus dem Kohäsionsfonds im Dezember. Brüssel kritisiert Interessenskonflikte und Korruptionsgefahr, da in den Kuratorien auch hochrangige Politiker sitzen. Kommentatoren sind uneinig in ihrer Bewertung.
Ungarn – Népszava – Keine Überraschung
Die EU hat die ungarische Regierung frühzeitig gewarnt, betont Népszava:
„Die EU hat mehrmals darauf hingewiesen, dass in dieser Angelegenheit etwas unternommen werden sollte, denn sie befürchtet, dass die EU-Mittel nicht an die richtigen Stellen fließen. … Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Universität von einem Gremium geleitet wird, dem nicht nur Akademiker angehören, aber es ist beispiellos in Europa und vielleicht sogar in der Welt, dass die Hälfte der Regierung eines Landes und der Großteil des Umfelds der Regierung mit solchen Positionen ausgestattet werden.“
Ungarn – Magyar Nemzeit – Vorwürfe ohne Beweise
Die regierungsnahe Magyar Nemzet spricht der EU die moralische Grundlage ab, Korruptionsvorwürfe gegen andere zu erheben:
„Am empörendsten ist, dass ungarische Studierende diskriminiert werden, weil die ungarischen Behörden angeblich nicht angemessen gegen Korruptionsrisiken vorgehen. Sagt die Kommission, deren Präsidentin die Textnachrichten, die sie selbst von schweren Korruptionsvorwürfen entlasten würden, nicht finden kann, ganz zu schweigen von der in Untersuchungshaft sitzenden Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. … Wie kann irgendjemand in der EU inmitten eines regelrechten Korruptionsskandals solch abscheuliche Vorwürfe gegen einen Mitgliedstaat erheben, ohne irgendwelche Beweise zu haben?“
Rundblick Europa euractiv
Französische Armee lobt Stärkung der ukrainischen Cyber-Abwehr. Die Ukraine habe es geschafft, „eine echte Revolution durchzuführen, indem sie sich in ihrem defensiven Cyber-Kampf nach oben bewegt hat“, sagte der Leiter des französischen Cyber-Verteidigungskommandos (COMCYBER).
Menschenrechtsorganisation kritisiert Schwedens Versöhnung mit der Türkei. Die Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Tirana Hassan, hat am Donnerstag Schweden scharf kritisiert. Stockholm mache für den NATO-Beitritt zu viele Zugeständnisse an die Türkei.
EU-Parlament billigt Visaliberalisierung für Kosovo. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments hat am Donnerstag die Liberalisierung der Visabestimmungen für Bürger des Kosovo gebilligt.
Babis-Partei kündigt Misstrauensvotum gegen tschechische Regierung an. Inmitten der tschechischen Präsidentschaftswahlen will die Partei vom ehemaligen Premier Andrej Babiš, ANO, ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ausrufen. Babiš liegt derweil in der Wählergunst auf dem zweiten Platz.
Deutschland stationiert Truppen und Patriot-Trainingscamp in Polen. Die polnischen Behörden haben die Genehmigung erteilt, mehrere hundert deutsche Soldaten im Land zu stationieren, die mit Patriot-Systemen eintreffen werden.
Österreich will Kosovo-Frieden mit zusätzlichen Soldaten besichern. Wien ist bereit, zusätzliche Soldaten zur Unterstützung der NATO-geführten Friedenstruppe im Kosovo (KFOR) zu entsenden, um die Mission zu verstärken, sollte dies notwendig werden.
Von Kollegiumsmitglied Annelene Adolphs