Der Sommer 2022 steht in Bayern nicht von ungefähr ganz im Zeichen der Olympischen Spiele. Zum 50. Male jähren sich die Spiele von München, die 1972 die Weltöffentlichkeit elektrisierten. Grund genug für das Haus der Bayerischen Geschichte, in seiner Dependance in Regensburg, wo sich seit 2019 das Museum der Bayerischen Geschichte befindet, eine Sonderausstellung „Bavaria und Olympia“ zu präsentieren.
Die Medien scheinen vom „goldenen“ Jubiläum der 72er Olympiade dennoch ein wenig „überrascht“ worden zu sein. So sind in den letzten Tagen im Bayerischen Rundfunkt einige Dokumentationen zu sehen, die im besten Falle 2011/12 zur 40. Wiederkehr der Sommerolympiade in Bayern abgedreht wurden. Bei der Vorabführung des HdBG durch die am 12. Juli startende Sonderausstellung war dann aber doch ein brandneues filmisches Werk zu bestaunen. In seinem 21minütigen Begleitfilm zur Ausstellung „Bavaria und Olympia 1896-2022“ hat der langjährige BR-Autor und Regisseur Dr. Michael Bauer zudem erstmals auch ganz „neue“ Sequenzen der ersten weiß-blauen Olympischen Spiele in Garmisch-Partenkirchen vom Februar 1936 integriert. Dies waren freilich weniger weiß-blaue als vielmehr braune Spiele, ganz im Sinne der Nationalsozialisten, die – durchaus getragen vom Wohlwollen des Internationalen Olympischen Komitees – den Spielen von 1936, nach den Winterspielen in Oberbayern folgte im Sommer eine weitere, in vielerlei Hinsicht zur Propagandaveranstaltung verkommene Sommerolympiade in Berlin, ihren Stempel aufdrückten. Erst in der Woche vor der Eröffnung der Olympischen Spiele von Garmisch-Partenkirchen wurden die zuvor für 65 Reichspfennige unter das braune Volk gebrachten Schilder mit der Aufschrift „Juden unerwünscht“ auf Geheiß der Machthaber in Berlin wieder eingesammelt, weil man dann doch befürchtete, dass die Ziele des Dritten Reichs zu früh zu offensichtlich zur Ansicht gekommen wären. Die Eindrücke von den Hakenkreuz-Spielen in Garmisch-Partenkirchen hat Dr. Bauer aus von ihm aufgestöberten, bislang unveröffentlichten Mini-Filmrollen entnommen, die bis zur Beendigung der Sonderausstellung am 15. Januar 2023 im Miniaturstadion der Dauerausstellung gezeigt werden. Die dort angebrachten Sitzgelegenheiten stammen übrigens weder aus dem Olympiastadion (auch davon sind in der Sonderausstellung aber ein paar Sitzreihen zu bestaunen, wenn auch nicht zu „besitzen“) noch aus der Allianz Arena in München, sondern dem alten Regensburger Jahnstadion.
Der Film von Dr. Bauer springt von 1936 irgendwann in das Jahr 1972, als ganz andere Spiele in Bayern zu bestaunen waren. Eine Großveranstaltung, die Maßstäbe setzen sollte bis in unsere Zeit – nicht nur sportlich, sondern vor allem auch architektonisch und gesellschaftlich. Die „bunten“ Spiele von München 1972 bildeten ganz bewusst einen Kontrast zur Olympiade 1936. Es waren – ehe die Geiselnahme israelischer Sportler durch Terroristen dies jäh beendete – vor allem heitere Spiele, die Gastgeberstadt und -land zu großer Ehre gereichten. In wenigen Monaten war Jahre zuvor unter Federführung von für die damaligen Verhältnisse sehr jungen Protagonisten – NOK-Geschäftsführer Walther Tröger und Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel waren beide noch keine 40 Jahre alt, als sie 1965 die Initiative starteten – dieses Projekt auf den Weg gebracht worden. Bald nach den Spielen von München bildete sich ein Stammtisch olympischer Sportler, der seit langem in Landshut seinen Sitz hat. Von den ehemaligen Aktiven ist u.a. ein Bronze-Medaillengewinner von Innsbruck 1976, Alois Schloder, ein Fixstern. Zusammen mit dem Olympioniken Manfred Schnelldorfer (Gold 1964 im Eiskunstlauf) und Bronze-Medaillengewinner im Judo ´72, Paul Barth, war der langjährige Eishockey-Crack des EV Landshut nach Regensburg gekommen, um den versammelten Pressevertretern und ihren Zusehern, Leserinnen und Lesern Lust auf die Ausstellung zu machen.
Mehr noch, denn wie Schloder erklärte, war der Olympia-Stammtisch, dessen Vorsitzender seit langem der ehemalige Bundesfinanzminister (und Ehemann der einstigen Medaillengewinnerin Irene Epple und FEK-Laureat) Dr. Theo Waigel ist, Ideengeber der Sonderausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte. Freunde des Olympia-Stammtisches wie der umtriebige ehemalige Kommunikationsleiter der E.ON AG (und Vorsitzende der unseren Leserinnen und Lesern wohlbekannten Akademie Ostbayern-Böhmen), Josef Schönhammer, hätten den Kontakt zu den Machern des HdBG um Dr. Richard Loibl geschaffen. Der Direktor selbst war bei der Vorabführung leider verhindert, wurde aber durch seinen Mitarbeiter Marc Spohr, dem Leiter von Dauerausstellung und Sonderausstellung im Museum der Bayerischen Geschichte, glänzend vertreten. Dieser führte durch die Ausstellung, die nicht nur die bayerischen Austragungsorte von Olympia thematisiert, sondern einen schönen und kurzweiligen Abriss zur Geschichte der neuzeitlichen Olympischen Spiele von 1896 bis 2022 gibt. Neben den genannten anwesenden Medaillengewinnern, die allesamt persönliche Erinnerungsstücke für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hatten, sind viele weitere olympische Kleinodien verdienter Olympier und Olympioniken der letzten Jahrzehnte aus Bayern vertreten. Etwa ein Übungsmedizinball des ersten bayerischen Olympiasiegers von 1928, des Gewichthebers Josef Straßberger. Aber auch zeitgenössische Sportlerinnen und Sportler kommen in Wort und Bild zu Ehren. Alles in allem also eine sehenswerte Schau, deren Besuch für jeden Sport und Olympia Interessierten absolute Pflicht sein sollte.
Vom Leiter der Chefredaktion Prof. Dr. Wolfgang Otto
Anmerk. d. Redaktion: Was Wenige wissen – mit Gerd Otto und Wolfgang Otto hat das Redaktionskollegium des EUROjournals zwei kleine Olympia-„Experten“ in seinen Reihen. Zur Olympiade 2012 erschien ihr Buch „Olympisches Ostbayern – Die Sommerspiele“ mit Beiträgen zu den olympischen Sportlerinnen und Sportlern aus Niederbayern und der Oberpfalz. Leider vergriffen ist ihr Werk zu den Olympischen Winterspielen „Olympisches Bayern. 100 Jahre Skisport“, das in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Skiverband im Jahre 2014 entstand. Einer ihrer Co-Autoren von damals, der Münchner Journalist und Zeitzeuge Karl Stankiewitz, hat unlängst (in seinem 94. Lebensjahr) übrigens das sehr lesenswerte Buch „München 1972: Wie Olympia eine Stadt veränderte“ (Allitera Verlag, München) vorgelegt.
Zu den Fotos: Die Stargäste der Vorabführung (von links) Alois Schloder, Paul Barth und Manfred Schnelldorfer letzte Woche in Regensburg (oben), Mag. Marc Spohr führte durch die Sonderausstellung „Bavaria und Olympia 1896-2022“ (Mitte), u.a. Original-Ausrüstungsgegenstände von Alois Schloder, Rosi Mittermaier, Paul Barth und Anna Schaffelhuber sind im Museum der Bayerischen Geschichte zu besichtigen (unten) (Fotos: Wolfgang Otto).