Selbstverständlich wird auch die hohe Kunst der Diplomatie von den Auswirkungen der künstlichen Intelligenz, KI, betroffen sein. Aber wird sie auch die Art und Weise verändern, wie Nationen miteinander umgehen? Um das zu beantworten, müssen wir zwei Aspekte berücksichtigen: Zum einen ist die Diplomatie ein sehr traditionelles „Geschäft“. Das Zweite ist, KI kann nur standardisierte Prozesse automatisieren und optimieren. Wieviel Standartisierungspotential steckt in der Diplomatie? Für gewöhnlich ist jeder neue Einsatz extrem individuell und verlangt eine völlig eigene Herangehensweise. Standardisierung wäre also eine völlig falsche Herangehensweise.
Dennoch kann man erwarten, dass KI Einfluss auf die Diplomatie haben wird, einfach dadurch, dass sie unser aller Leben massiv beeinflussen wird. Was in unserem täglichen Leben standardisiert werden kann, wird es auch und wir werden unser Verhalten daran ausrichten, zumindest in einigen Bereichen unseres Alltags. Diese Entwicklung kennt keine geographischen Grenzen. Das wird international durch kulturelle Schranken und unterschiedliche Rechtssysteme zu Verwerfungen führen.
Heute wird viel von „Deglobalisierung” gesprochen. Die Pandemie hat in der Tat Fehlentwicklungen sichtbar gemacht, die der Korrektur bedürfen. Dennoch wird die Globalisierung eine Renaissance erleben. Anders werden wir den oben genannten Verwerfungen nicht begegnen können. Nur dann kann sichergestellt werden, dass wir uns alle in dem neuen Normal zurechtfinden werden. Das wird eine neue Globalisierungswelle bringen, die sich allerdings von der vorhergegangenen unterscheiden wird. Das hat auch Auswirkungen auf die Diplomatie; nicht darauf, wie Aufgaben angegangen werden, aber auf die Themen, die bewältigt werden wollen.
Von Kollegiumsmitglied Dieter Brockmeyer, Director Innovation and TIME des Diplomatic World Institute
Zum Foto: Die Vereinten Nationen als sinnbildlicher Hort der Diplomatie (Quelle: www.pixabay.com).